Neuenburg am Rhein kämpft gegen die Tigermücke

NEUEBURG AM RHEIN (fl) Etwa 300 Bürgerinnen und Bürger aus der Kernstadt sowie den Ortsteilen Steinenstadt, Zienken und Grißheim strömten am vergangenen Donnerstag zum Informationsvortrag „Neuenburg am Rhein aktiv gegen die Asiatische Tigermücke“. Referent war Professor Dr. Norbert Becker von der Universität Heidelberg. Er forscht und arbeitet als wissenschaftlicher Direktor der ICYBAC GmbH auf dem Feld der biologischen Stechmückenbekämpfung. Das Thema, das auch die Neuenburger Bevölkerung umtreibt, ist brandaktuell, denn die Asiatische Tigermücke ist in den letzten Jahren zu einer wahren Plage für Neuenburg am Rhein geworden.

v.l.n.r. Bürgermeister Jens Fondy-Langela , Vertreterin der Bürgerinitiative Sabine Brendlin sowie Prof. Dr. Norbert Becker

In seiner Begrüßung betonte Bürgermeister Jens Fondy-Langela die Wichtigkeit der Bekämpfung der Tigermücke, da sie die Lebensqualität der Menschen erheblich beeinträchtige. Um ihre Verbreitung zu verdrängen, bedürfe es gemeinsamer Anstrengungen der gesamten Bürgerschaft. Eine Ausrottung der Mücke sei leider nicht möglich. Im Anschluss an den Informationsvortrag erläuterte die Sprecherin der Bürgerinitiative „Neuenburg aktiv gegen die Asiatische Tigermücke“, Sabine Brendlin, die praktische Vorgehensweise der Bekämpfung, die eine konzertierte Aktion der Initiative und der Stadt Neuenburg am Rhein vorsieht.

Die Heimat der Tigermücke, so Professor Becker, ist Südost-Asien. Ihre internationale Verbreitung erfolgte über den Handel mit Autoreifen durch Containerschiffe nach Europa, insbesondere nach Italien. Das lästige Insekt ist äußerst mobil und widerstandsfähig. Über Millionen von Jahren hat es sich an wasserreiche Lebensräume angepasst und ist in Europa mittlerweile fest etabliert.
Die Tigermücke ist tagaktiv. Sie hat es gerne warm, dunkel und feucht. Die Embryonen in den Eiern sind trocken- und kälteresistent und können viele Monate überleben, auch im Winter. Am liebsten brütet die Tigermücke hierzulande in Regentonnen, Eimern, Gießkannen, Blumentöpfen und deren Untersetzern, Wasserschalen, Gullys, Tiertränken und Autoreifen. Für die Bekämpfung ist es daher wichtig, alle potenziellen Brutstätten zu beseitigen bzw. regelmäßig zu kontrollieren. Fließgewässer, Gartenteiche und Swimmingpools sind nicht als Brutstätten geeignet.

Nachgewiesen wurde die Asiatische Tigermücke bereits im Jahr 2007 nördlich von Weil am Rhein. Ein Problem ist sie inzwischen in ganz Südbaden mit seinem milden Klima. Kein Wunder, denn täglich bringen Züge Waren aus Italien, und mit ihnen die Tigermücke. Und auch Touristen bringen den Schädling oft unfreiwillig aus dem Urlaub mit. Inzwischen hat das lästige Insekt sich auch in vielen weiteren Regionen Deutschlands ausgebreitet. Die Gefahr kommt näher, und mit ihr Krankheitserreger wie beispielsweise der Dengue-Virus.

Die Wissenschaft setzt auf eine biologische und physikalische– also auch ökologisch unbedenkliche – Bekämpfung der Tigermücke. Die vier tragenden Säulen der Bekämpfung sind: Bürgerbeteiligung (Brutplatzbeseitigung), Haus-zu-Haus-Aktionen, der Einsatz der von ICYBAC entwickelten BTI-Tabletten und die sterile Insekten-Technik, bei der die Tigermücken-Männchen unfruchtbar gemacht werden. Der biologische Wirkstoff der BTI-Tabletten ist ein Eiweiß, das Mückenlarven abtötet, aber anderen Lebewesen nicht schadet. Eine BTI-Tablette reicht für 50 Liter Wasser und wirkt für etwa zwei Wochen. Als probates Mittel könnte sich auch der Einsatz sogenannter Hüpferlinge – winziger Krebse – erwiesen, da sie die Larven der Tigermücken fressen.

Ein wichtiges Werkzeug zur Erfassung der Tigermücken-Population sind Eiablagefallen. Diese bestehen aus einem schwarzen Plastikbehälter mit ca. 1,5 Liter Wasser und einem Holzstäbchen, auf dem die Mücke ihre Eier absetzt. Die Stäbchen werden alle vierzehn Tage eingesammelt und die Eier im Labor gezählt.

Und so erkennt man eine Tigermücke: Sie ist klein, ca. sechs Millimeter groß. Ihre Färbung ist Schwarzweiß. An den Hinterbeinen hat sie fünf weiße Streifen und einen weißen Längsstreifen auf dem Rücken.
„Hilfe zur solidarischen Selbsthilfe“ lautet das Motto der Bürgerinitiative „Neuenburg aktiv gegen die Asiatische Tigermücke“, so deren Sprecherin Sabine Brendlin. Das von der Initiative erarbeitete Konzept bezieht derzeit die Kernstadt und den Ortsteil Steinenstadt ein, da diese aktuell am stärksten von der Tigermückenplage betroffen sind. Mit der tätigen Unterstützung von Nachbarschaftsbündnissen sowie fünfzehn so genannten Botschafterinnen und Botschaftern soll das Projekt praktisch umgesetzt werden. Die Anwohner der betroffenen Straßen werden zeitnah zu Workshops eingeladen, bei denen die Nachbarn sich austauschen und individuell die angestrebten Bündnisse vereinbaren können. Jede Straße erhält einen Straßenpaten bzw. eine Straßenpatin, die den Kontakt zu den Botschaftern halten. Das so geplante Netzwerk soll eine engmaschige Bekämpfung der Tigermücke ermöglichen. Dazu gehören u.a. das Auffinden von Brutstätten und deren Hotspots sowie die Kontrolle der Eiablagefallen. Wichtig ist vor allem der stetige Kontakt untereinander. Elf Botschafter für die betroffenen Areale der Kernstadt sowie vier für die Bereiche in Steinenstadt sind bereits aufgestellt und wurden von Sabine Brendlin vorgestellt. Für den 16. März ist eine Schulung des Botschafterteams durch ICYBAC geplant, die Workshops für die Anwohner sind für den 13. und 20. April vorgesehen. „Ende April geht’s ins Feld“, schloss Sabine Brendlin ihre Ausführungen. Wer eine Tigermücke entdeckt, solle diese erbarmungslos erschlagen, in einen dafür vorgesehenen „Tigermückensarg“ packen und den Fund melden.

Die Botschafterteams setzen sich aus den folgenden Personen zusammen. Für die Kernstadt: Helene und Norbert Meyer, Sabine Baumann, Herbert Jennewein, Christine Schwoerer-Böhning, Susanne Querner, Jutta Annweiler, David Böse, Elena Buchdunger, Bruno und Sabine Brendlin. Für den Ortsteil Steinenstadt: Gisela und Günter Siegwald, Susi Lais, Otmar Klingele.

Beim anschließenden Austausch mit den Besuchern wurden von Professor Becker, Sabine Brendlin und Bürgermeister Fondy-Langela zahlreiche Fragen beantwortet, die sich vor allem auf die praktische Bekämpfung des Insekts bezogen. Ein wichtiger Punkt war die Bekämpfung der Tigermücke auf städtischem Gebiet wie beispielsweise dem Friedhof und dem Klemmbach-Areal. Bürgermeister Fondy-Langela versicherte, dass die Stadt hier entsprechende Maßnahmen ergreifen würde. Was die Kosten für das gesamte Projekt betrifft, so geht das Stadtoberhaupt von einem „mittleren fünfstelligen Betrag“ aus.

In seinem Schlusswort betonte Fondy-Langela noch einmal die Bedeutung der solidarischen Selbsthilfe bei der Bekämpfung der Asiatischen Tigermücke: Damit es auch weiterhin „nicht nur schön ist, in Neuenburg am Rhein zu leben, sondern auch auf der Terrasse zu sitzen.“

Die gesamte Veranstaltung wurde von David Böse auf Video aufgenommen und ist auf Youtube abrufbar. Außerdem wurden bei der Veranstaltung Info-Prospekte verteilt, die einen guten Überblick über die Asiatische Tigermücke und die Methoden ihrer Bekämpfung geben.

Fotos: Bianca Flier