Tagung des Arbeitskreises „Wirtschaft & Schulen“ im Schulungszentrum Lupberger

Rund dreißig Vertreterinnen und Vertreter aus den Bereichen Wirtschaft, Schule, Kommune, IHK, Agentur für Arbeit und Jobcenter trafen sich am Donnerstag, dem 04. Mai 2023 zur 25. Tagung des Arbeitskreises „Wirtschaft & Schulen“ im Schulungs-Center Lupberger in Neuenburg am Rhein. Bei Vorträgen und Diskussionen zu den unterschiedlichen Themen und Projektvorstellungen fand ein reger Austausch an Informationen und Anregungen statt. Bürgermeister Joachim Schuster betonte in seiner Begrüßung die Bedeutung dieses Arbeitskreises. Im Laufe der Tagung wurde deutlich, wie eng die Themen Wirtschaft und Schule bzw. Aus- und Weiterbildung miteinander verflochten sind und sich gegenseitig beeinflussen.

Der Geschäftsführer des gastgebenden Schulungs-Centers, Armin Lupberger, stellte zunächst sein Unternehmen vor. Sein Motto lautet: „Von der Wiege bis zur Bahre – Seminare“, ein Appell für lebenslanges Lernen. Das Center bietet Workshops, Events, Meetings sowie externe und interne Schulungen an. Die Schwerpunkte der Unternehmensberatung liegen im Beschaffungsmanagement. Persönlichkeitstraining, Materialwirtschaft & Logistik sowie aktuelle Methoden der Einkaufs- und Verhandlungstechnik stehen auf dem Schulungsprogramm. Auch Sprachkurse – insbesondere Französisch – sind Teil des Angebots. Lupberger ist außerdem als Dozent und Prüfer tätig, u.a. für die IHK.

Aktuelles vom Wirtschaftsstandort Neuenburg am Rhein präsentierte Martin Bächler, Teamleiter der Zentralstelle der Stadtverwaltung, u.a. zuständig für die Wirtschaftsförderung sowie Presse und Öffentlichkeitsarbeit der Stadt. Neuenburg am Rhein, so Bächler, hat momentan eine Wohnbevölkerung von 12.810 Einwohnern. Wichtige Veränderungen hat es in den letzten Jahren im Industrie- und Gewerbegebiet gegeben. Unter anderem wurde das Hornbach-Logistikzentrum kürzlich eröffnet, im vergangenen Jahr ging das hochmoderne Amazon-Verteilzentrum in Betrieb und das Schweizer Unternehmen Hasena errichtet auf einem Grundstück in der Hans-Buck-Straße ein Logistikzentrum mit Schreinerei und Verwaltung. Die Bidirex-GmbH in der Friedrich-Benz-Straße ist auf dem wichtigen Sektor der Gestaltung von Elektromobilität tätig. Seit 2022 ist das Unternehmen Nikkiso mit der Herstellung und dem Handel von Pumpen für Flüssiggasen in der Robert-Koch-Straße ansässig. Mit dem Edith-Stein-Haus in der Mülhauser Straße verfügt Neuenburg am Rhein seit ein paar Monaten über ein modernes Pflegeheim mit 90 Pflegeplätzen und fünf barrierefreien Wohnungen.

Als wichtige Beispiele für die nachhaltige Stadtentwicklung nannte Bächler die Neugestaltung der Schüsselstraße, das Parkhaus am Rheintor mit der Zähringerbrücke und dem Bertholdturm mit dem atemberaubenden Ausblick über die Region. Das Parkhaus verfügt über 231 Stellplätze und 15 E-Lade-Stationen und ist Tag und Nacht geöffnet. Vielfältige Angebote sind auch für Kinder geschaffen worden. Dazu zählt die Neueröffnung eines Naturkindergartens für bis zu 20 Kinder im September dieses Jahres. Außerdem gibt es eine Kita im Stadtpark am Wuhrloch mit drei Kinder-Krippe-Gruppen und zwei Kindergarten-Gruppen. Als weitere nachhaltige Projekte erwähnte Bächler den Jugendraum in der Realschule, die geplante Photovoltaik-Anlage auf der Deponie und die Totalsanierung des Freibades in Steinenstadt. Bezüglich der nachhaltigen Stadtentwicklung fügte Bürgermeister Schuster an dieser Stelle die Planung eines Neubaugebiets im Bereich Mittlere Rieße, an der Landstraße Richtung Zienken, an.

Einen spannenden Vortrag hielt Alexander Feldberger, Geschäftsführer der Firma FAMIGO, zum Thema „Digitale Standort-Marketing-Tools für Fachkräftegewinnung“ – ein Sujet, das aufgrund des aktuellen Fachkräftemangels viele Firmen umtreibt. Für 62 Prozent der Bewerber, so Feldberger, hat der Sitz der künftigen Arbeitsstätte bei der Suche hohe Priorität. Jede/r zweite untersucht den Standort eines angepeilten Unternehmens genau, bevor er oder sie eine Bewerbung losschickt. Der Standort einer Firma müsse „schmackhaft“ sein, kein „Niemandsland“. Die Konsequenz für Unternehmen, die nach Fachkräften suchen, sei die Erstellung digitaler Tools, um die Attraktivität ihres Standorts in der Region mit ihren Prozessen erlebbar zu machen. Besonders wichtig sei Bewerbern das Vorhandensein von Schulen, Kitas, Spielplätzen, Vereinen und Freizeitmöglichkeiten, bis hin zu Möglichkeiten für sportliche Aktivitäten wie Betriebssport oder Mountainbike-Touren. FAMIGO ist das erste Unternehmen, das Unternehmen und Kommunen bei der Erstellung von Software-Lösungen für regionale Standortbestimmung unterstützt. Bei den Bewerbern kommen diese Tools sehr gut an, da sie die Entscheidung für eine Bewerbung wesentlich erleichtern.

Gut zu dieser Thematik passte auch der folgende Vortrag von Simon Kaiser, dem Geschäftsführer Aus- und Weiterbildung der IHK Südlicher Oberrhein. Sein Thema: Das Welcome-Center der IHK Südlicher Oberrhein. Zielgruppe des Welcome-Centers sind Personen und Unternehmen aus dem In- und Ausland, die eine zentrale wirtschaftliche Anlaufstelle in der Region suchen. Dazu, so betonte Kaiser, sei eine gute Vernetzung von Wirtschaftsförderung, Hochschulen und Job-Centern erforderlich. Ziel sei, die Region Südlicher Oberrhein für kleine und mittlere Unternehmen und Studierende attraktiv zu machen und die Unternehmen bei der Rekrutierung von Fachkräften aus dem Ausland zu begleiten. Denn der Mangel an Fachkräften spitze sich immer mehr zu. Dabei spiele auch das Thema Flucht und Migration sowie die Qualifizierung in Erstausbildung und Weiterbildung eine große Rolle. Überdies betreffe die Thematik alle Branchen. Mit ihren „Kümmerern“, so Kaiser, würden sowohl Industrie- und Handelskammer als auch Handwerkskammer Firmen und Bewerber intensiv beraten. Im Jahr 2016 seien von den beiden Kammern insgesamt 1.008 Personen betreut worden, 565 Ausbildungen und 124 Praktika konnten vermittelt werden.

Als nächster Tagesordnungspunkt standen Informationen aus den Schulen auf der Agenda der Tagung. Zunächst berichtete Thomas Vielhauer, Rektor der Mathias-von-Neuenburg Werk- und Realschule, über verschiedene Neuerungen wie die Digitalisierung des Unterrichts, die Renovierung der Fachräume für Biologie, Physik und Chemie sowie die Neugestaltung der Schulsportstätte und das neue Jugendcafé. Außerdem sei eine Klasse für aus der Ukraine geflüchtete Schülerinnen und Schüler zusätzlich eingerichtet worden. Zudem sie ein Pilotprojekt, das Bewerbern bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz zu Seite stehe, mit der Unterstützung der Agentur für Arbeit ins Leben gerufen worden. Schulsozialarbeiter Martin Doll wies in diesem Zusammenhang auf das Projekt „5 Tage – 5 Berufe“ hin, in dessen Rahmen Schülerinnen und Schüler ab dem Alter von fünfzehn Jahren eine Woche lang in verschiedene Firmen/Branchen hineinschnuppern können. Dieses Projekt wird auch von der Agentur für Arbeit unterstützt. Die Schulsozialarbeit, dies betonte auch Dolls Kollege Wolfgang Gerbig, würde in Zukunft noch mehr werden und an Bedeutung gewinnen. Vor dem Hintergrund, dass die Werkrealschule viele „Rückläufer“ verzeichnen muss, sei es umso wichtiger, die Weichen für die richtigen Schülerinnen und Schüler zu stellen. Die Wirtschaft benötige neben Fachkräften auch Hilfskräfte, die bei Bedarf weiterqualifiziert werden könnten.

Für das Kreisgymnasium sprach Schulleiter Rainer Kügele. Das Gymnasium wachse, doch gäbe es einige kritische Baustellen. Vor allem der Mangel an Lehrkräften stelle eine Herausforderung dar. Doch auch die Folgen der Corona-Pandemie dürften nicht unterschätzt werden: Hohe Krankenstände von Schülern und Lehrern führten im Allgemeinen zu gravierenden Unterrichts- und Lernausfällen. Bei der Schülerschaft sei mehr und mehr eine Diskrepanz zwischen Anspruch und Realität zu beobachten, vor allem mangele an längerer Konzentration und der Fähigkeit, Texte eigenständig zu formulieren. Kügele verglich dieses Manko mit dem Einsatz der Taschenrechner in den 1970er-Jahren, wodurch die Fähigkeit zum Kopfrechnen immer mehr nachgelassen habe. Das Gymnasium würde diesen Entwicklungen mit einem vielseitigen Angebot an Arbeitsgruppen entgegenwirken. So gäbe es eine Theater-Regie-AG, eine Big Band, eine Möbelbau-AG und noch einiges mehr, wo die jungen Menschen ihre analogen Fähigkeiten trainieren könnten. Wichtig sei aber auch, dass die Schülerinnen und Schüler Erfahrungen direkt in Unternehmen sammeln könnten. Die Schulsozialarbeiterin der Grundschule Annett Lewetz der Grundschule äußerte sich sogar dahingehend, dass bereits die Grundschüler mit beruflichen Perspektiven vertraut gemacht werden sollten.

Dass man die Schüler wieder mehr „analog rankriegen müsse“, um sie „ausbildungsreif“ zu machen, betonte auch der stellvertretende Schulleiter der beruflichen Schulen Müllheims, Thorsten Schneider. Diesen Zweck habe beispielsweise ein Schüler-Forschungs-Zentrum, das von den Betrieben organisiert werde. Den Lehrkräftemangel brachte Schneider auch mit der Nahverkehrsproblematik in Zusammenhang. Lehrkräften sei eine gute Anbindung von ihrem Wohnort an die Schule wichtig. Ein Punkt, der wiederum auf das Angebot der digitalen Tools der Firma FAMIGO hinwies.

Den letzten Programmpunkt auf der Tagesordnung bestritten die Damen vom Job-Center und der Agentur für Arbeit. Martina Schimkat konnte mit Zahlen belegen, dass die Zahl der gesuchten Fachkräfte mit 82 Prozent bei weitem diejenige der gesuchten Hilfskräfte (18 Prozent) übersteigt. Um dem abzuhelfen, geht die Agentur für Arbeit auch neue, ungewöhnliche Wege. Eine Sportveranstaltung in Kooperation mit französischen Kollegen, bei der sich Arbeitgeber und Arbeitssuchende zunächst anonym kennenlernen konnten, sei beispielsweise ein Schritt in diese Richtung gewesen. Allerdings basiere das Projekt auf gegenseitigem „Geben und Nehmen“. Nicht nur die deutsche, sondern auch die französische Seite solle davon profitieren. Diese Zusammenarbeit mit dem Ausland ist wichtig, denn eine Statistik beweist, dass jedes vierte Unternehmen Mitarbeiter inzwischen im Ausland rekrutiert. Schimkats Kollegin Maja Glose berichtete von einem anderen außergewöhnlichen Projekt, das Ausbildungssuchenden die Wahl erleichtern soll: Anlässlich der „Nacht der unbekannten Ausbildungsberufe“ in Freiburg konnten Schülerinnen und Schüler mit Arbeitgebern und Arbeitsberatern in Kontakt kommen und sich bezüglich ihrer Berufswahl auf direktem Weg orientieren.

Bei der Arbeitslosenqualifizierung, so Schimkat, denke sie vor allem an eine neue Bewegung „Frauen zurück in den Beruf“. Das Problem dabei stelle die Betreuung von Kindern in Kitas und Krippen dar. Hier müsse noch einiges getan werden.
Jennifer Wehrle erläuterte die vielseitigen Angebote der Berufsberatung im Erwerbsleben, die Menschen in allen Phasen ihres Arbeitslebens Orientierung und Beratung bietet. Dies geschieht direkt in den Betrieben, aber auch individuell in persönlicher Kommunikation. Die Zusammenstellung der Beratungsteams ist agenturübergreifend und basiert auf der engen Zusammenarbeit mit vielen Netzwerkpartnern.

Last but not least stand auch das Thema „Flüchtlinge aus der Ukraine“ auf der Agenda der Tagung. Bei der Integrierung dieses Personenkreises in Arbeit und Ausbildung bilden vor allem Sprachbarrieren ein Problem, wie sowohl die Vertreter der Schulen als auch die Mitarbeiterinnen der Arbeitsagentur bestätigten. Die Problematik ist jedoch vielseitig und komplex. In Neuenburg am Rhein, so Bürgermeister Schuster, sind annähernd hundert ukrainische Flüchtlinge privat untergekommen, so dass die Kommune – aus Datenschutzgründen – nicht über Informationen wie beispielsweise Berufsausbildungen, verfüge. Der Trend gehe jedoch dahin, dass viele dieser Flüchtlinge bleiben wollen, was vor dem Hintergrund der Kriegszerstörungen in ihrer Heimat auch verständlich sei. Ein Großteil dieser Menschen, vor allem die Flüchtlinge der ersten Stunde, seien hochqualifizierte Fachkräfte, die auch in Deutschland arbeiten wollten. Da neuerdings auch Männer aus der Ukraine nach Deutschland flüchten, stelle sich in Zukunft auch das Problem der Familienzusammenführung.

In seinem Abschlusswort dankte Schuster allen Beteiligten für ihre „phänomenale“ Mitarbeit an der Tagung. Es sei deutlich geworden, dass Aus- und Weiterbildung vernetzte Angebote benötige, eine Art „Bildungs-Campus“ auf breiter Ebene. Er hoffe, dass die Idee des Arbeitskreises „Wirtschaft & Schulen“ auch in Zukunft weiter bestehe. Das Schulungs-Center Lupberger bot allen Beteiligten zum Schluss der Veranstaltung noch einen Imbiss an.